Förderschädliche Arbeitsaufnahme – das Wort, welches ich bisher nicht kannte, gibt es in Deutschland wirklich. Aber am besten von Anfang an: Junger Mann, 20 Jahre alt, ist Bezieher von Alg II und kommt mit dem Geld nicht aus. Kein Wunder. Er sucht also nach Jobs. Findet einen in einer Zeitarbeitsfirma. Die kündigt nach drei Wochen Arbeit wegen Auftragsmangel. Die Folgen: Die Kindergeldkasse kann bei einer Arbeitsaufnahme kein Kindergeld mehr zahlen. Von der Arbeitsaufnahme wird die Kindergeldkasse vom JobCenter informiert. Und stellt dann die Zahlungen ein. Von der Kündigung durch den Arbeitgeber erfährt das JobCenter durch den Kunden. Aber nicht die Kindergeldkasse. Die Kindergeldkasse stellt die Zahlungen nicht sofort ein, weil eine weniger als vier Wochen dauernde Beschäftigung nicht zu einer Einstellung der Zahlung führt. Das wissen aber die wenigsten. Dann geht es weiter: Die Krankenkasse des jungen Mannes in der Sozialversicherung nimmt eine Änderung vor von „arbeitslos“ auf „beschäftigt“. Die Kindergeldkasse erfährt über die Datenabgleiche davon. Sie schreibt dann einen Brief, und fragt, ob sich der Status geändert hat. Die Zahlung für den Monat, in dem die Arbeitsaufnahme erfolgt ist, ist dann aber schon erfolgt. Denn da die Kindergeldkasse nicht sicher sein darf – aus formalen Gründen – ob die Nachricht über die Arbeitsaufnahme richtig war, zahlt sie also erst mal weiter. Im zweiten Monat nach Weiterzahlung erhält der junge Mann dann ein Schreiben, dass er sich melden soll, um den Sachverhalt aufzuklären. Das tut der junge Mann und teilt mit, dass er wieder im Alg-II-Bezug ist. Und denkt: Alles gut, ich habe die Sache erklärt. Am Telefon erfährt er aber, dass er das nochmal schriftlich erledigen soll, weil sonst die Zahlungen eingestellt werden. Aber: Der junge Mann stellt fest, dass die Zahlung im Folgemonat auch wieder erfolgt ist. Daher nimmt er an, dass das Telefonat wohl ausreichend war. Und schickt keine Unterlagen – auch, weil er ja dem JobCenter die Unterlagen gegeben hat und er sich denkt, dass das JobCenter der Kindergeldkasse mitteilt, dass er wieder arbeitssuchend ist. Dann passiert folgendes: Im vierten Monat nach der förderschädlichen Arbeitsaufnahme erhält der junge Mann einen Brief, in dem ihm angekündigt wird, dass er das Kindergeld zurückzahlen soll, weil die Grundlage für den Bezug von Kindergeld nicht geklärt ist. Die Zahlung wird für den vierten Monat nach der förderschädlichen und mittlerweile wieder beendeten Arbeitsaufnahme wird aber noch geleistet. Im Monat 5 haben wir dann folgende Situation: Der junge Mann erhielt bisher vom JobCenter nicht 424,00, sondern wegen des Kindergeldbezuges 218,00 Euro weniger, also 206,00 Euro. Auch die 424,00 Euro reichen nie – aber die 206,00 auf keinen Fall. Die Kindergeldkasse erhält dann vom jungen Mann im vierten Monat zur Klärung des prinzipiellen Anspruches die Abmeldung aus der Sozialversicherung mit einem Formblatt – aber zahlen wird die Kindergeldkasse dann erst in einem weiteren, also dem übernächsten Monat.
Was kann der junge Mann jetzt tun? Nichts. Wenn er sich kein Geld leihen kann, bleibt sein Problem bestehen. Die Kindergeldkasse zahlt ja höchstwahrscheinlich erst im übernächsten Monat. Das Jobcenter wird nichts unternehmen können – denn es gibt keinen rückwirkenden Bescheid der Aufhebung der Kindergeldzahlung, sondern nur eine Rückforderung. Die Rückforderung ist entstanden, weil die Kindergeldkasse keine ausreichende Mitwirkung gesehen hat. Also kann das JobCenter die Erhöhung des Arbeitslosengeldes II nicht so ohne weiteres vornehmen – denn wenn der Sachverhalt ordentlich geklärt ist, dann besteht ja wieder Anspruch auf Kindergeld. Da die Leistungen nach dem SGB II aber nachrangig sind, darf das JobCenter erst zahlen, wenn das Kindergeld wirksam nicht mehr gewährt wird, was aber in diesem Fall nicht zutrifft.
So – hast Du bis hierhin durchgehalten beim Lesen? Allein das ist schon schwierig genug. Die meisten jungen Menschen unter 25 haben meistens schon nach dem zweiten Schreiben aufgegeben und halten das nur noch für Schikane. Es gibt deutlichen Veränderungsbedarf.
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